02. September 2017

Energiegenossenschaften können die E-Mobilität voranbringen

Möglichst viele Menschen sollen auf eine C0²-freie Mobilität umsteigen. Das ist das ambitionierte Ziel der EMA eMobilität für alle eG. Ein Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden Ulrich Zimmermann über das Konzept, die Chancen für Energiegenossenschaften und die Hürden.

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Was ist die Idee der EMA?

Kurz gefasst: Ein zentraler Erfolgsfaktor für die Energiewende ist die E-Mobilität. Und der Schlüssel zur E-Mobilität ist aus unserer Sicht das Lösen der finanziellen Hürden zum E-Fahrzeug.

Was ist Ihr Konzept?

Wir wollen für möglichst viele Menschen E-Mobilität bezahlbar und so erst möglich machen. Dazu kombinieren wir mehrere Bausteine zu einem Gesamtkonzept. Im ersten Baustein geht es darum, den jeweils richtigen Durchführungsweg zu finden. Der zweite Baustein ist das EMA-Gehalts-Konzept für den Umstieg auf E-Autos.  Ein dritter Baustein ist der Aufbau regionaler Kristallisationspunkte für E-Mobilität  - sogenannte EMA-Cluster. Der vierte Baustein sind Veranstaltungen. Erfahr-Events, Workshops, Vorträge und Kongresse. Die EMA selbst dient dabei immer als „externe Stabsstelle“.

Stabsstelle heißt?

Es gibt viele Wege zum kostenneutralen E-Fahrzeug. Wir suchen den passenden Weg,  bündeln den Einkauf der E-Autos, kümmern uns um Finanzierungen, Verträge, Versicherungen, Abrechnungssysteme usw. So können wir z.B. Preisvorteile an Mitglieder weitergeben, die einzelne nicht realisieren können.

Wie funktioniert die Gehaltsnovation?

Menschen sollen sich „kostenneutral“ ein neues oder gebrauchtes E-Fahrzeug leisten können. Das heißt, sie bezahlen nicht mehr wie bisher für einen vergleichbaren Diesel oder Benziner. Dafür gestalten wir Gehaltsstrukturen neu, da sind einige Wege zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern möglich. In unserem neuesten Newsletter haben wir für einen dieser Wege eine Modellrechnung gemacht.

Wen sprechen Sie besonders an?

Für Pendler mit eigenem Haus ist der Nutzen besonders hoch. Jeder Pendler fährt im Durchschnitt täglich 50 Kilometer zur Arbeit und zurück. Mit einem E-Auto ist diese Strecke locker zu schaffen, jedoch CO2-neutral. Der Pendler verbraucht auf 100 Kilometer zwischen 15 und 20 kWh, je nach Modell. Mit einer PV-Anlage auf dem Dach und einem Speicher stellt er selbst den Strom für sein E-Auto bereit. Deswegen konzentrieren sich unsere Aktivitäten im ersten Schritt auf Pendler.

Welche Funktion haben die EMA-Cluster und Netzwerke

Die EMA-Cluster sollen sogenannte Kristallisationspunkte für E-Mobilität sein. Dort bauen EMA-Partner regionale Netzwerke aus Energiegenossenschaften, Autohäusern, Solarteuren, Banken auf. Ergänzt werden diese Cluster um Architekten, Bauträger, Gastronomie, Gewerbe und weitere aktive Partner vor Ort. So entsteht eine Sharing-Community, die gemeinsame Ziele verfolgt und mehr erreicht als jeder Einzelne. Das kostenneutrale E-Fahrzeug ist dabei der Schlüssel, der vieles ermöglicht. Fährt das E-Auto kostenneutral, rechnet sich z.B. sofort eine neue PV-Anlage mit Speicher, die Haushalt und Fahrzeug mit Energie versorgt.

Wer hat welche Rolle im Netzwerk?

Die EMA sucht den richtigen Durchführungsweg und macht das E-Auto für Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich. Die regionale Genossenschaftsbank hat die Kunden und finanziert und versichert die Vorhaben. Autohäuser liefern und betreuen die Elektroautos. Solarteure installieren die privaten PV-Anlagen. Hotels, Restaurants, Einkaufszentren, Kinos usw. sorgen für Ladepunkte unterwegs. Architekten und Bauträger planen Dachflächen für Solardächer, Energieeffizienz und E-Mobilität mit ein usw.

Welche Rolle können Energiegenossenschaften in dem Konzept spielen?

Energiegenossenschaften sind regional gut verankert und ein guter Treiber der Energiewende vor Ort. Sie können aus unserer Sicht eine aktive Rolle in den regionalen Netzwerken spielen und das Thema Elektromobilität voranbringen. Wir haben da eine Beispielrechnung: Jedes Mitglied einer Genossenschaft fährt im Schnitt 15.000 km im Jahr und gibt über 1.200 Euro für fossilen Brennstoff aus (bei 7,5 l Verbrauch und 1,10 Euro Benzinpreis). Bei 300 Mitgliedern in einer Genossenschaft sind das über 360.000 Euro in die Kassen der Mineralölindustrie. Es wäre konsequent, diesen Energieverbrauch regional zu organisieren und die Wertschöpfung in der Region zu belassen.  Würden alle 300 Mitglieder elektrisch fahren und 15KWh/100Km Strom verbrauchen, könnte die Energiekapazität auf 700MW ausgebaut werden. Nur für den eigenen Bedarf der Fahrzeuge.

Welchen Gewinn sehen Sie für Energiegenossenschaften und deren Mitglieder?

Energiegenossenschaften haben Mitglieder, die von der Idee der Energiewende überzeugt sind und potentielle Nutzer von Elektromobilen sind. Die Genossenschaft kann über die EMA und das Ermöglichen neuer E-Mobile auch neue Mitglieder gewinnen. Sie kann Ökostrom an ihre Mitglieder verkaufen, kann Ladesäulen mit Ökostrom betreiben. Sie kann neue Flächen für PV- und Windenergie erschließen und so potentiell die Autarkie der Region erhöhen.  Jedes E-Fahrzeug trägt zum Schließen des Kreislaufs bei. Energie in der Region erzeugen, in der Region verteilen und in der Region verbrauchen. Bei Direktverbrauch, Mieterstrom oder PV-mieten können Elektroautos als Stromspeicher gestalterisch wichtig sein, denn mit jedem E-Auto entsteht eine zusätzliche zukünftige Strom-Speicherkapazität von 30-80kWh.

Wie bringen Sie Ihre Idee den Menschen nahe?

Wir sind aktiv, halten Vorträge, auch bei Energiegenossenschaften, knüpfen Kontakte, bauen die EMA-Cluster als Netzwerke auf. Im Juli hatten wir einen Workshop mit potentiellen Partnern, da waren auch Genossenschaftsbanken dabei. In Südbaden,  rund um Stuttgart,  in Unterfranken und rund um Nürnberg sind wir gerade dabei die ersten regionalen EMA-Cluster aufzubauen.

Was sind die größten Hürden?

Der Umstieg auf E-Mobilität ist ein dickes Brett. Es gibt eine fast irrationale Sperre gegenüber dem Thema. Die Menschen sind extrem an Diesel- und Benzinfahrzeuge gewöhnt. Viele erzeugen selbst ihren Solarstrom auf dem Dach – und tanken gleichzeitig Energie aus fossilen Quellen an der Tankstelle. Energie auf dem eigenen Dach zu erzeugen und im E-Auto zu verfahren, ist da ein neuer Denkansatz.

Wo haben Sie schon Energiegenossenschaften mit im Boot?

Wir haben vor kurzem mit der Raiffeisenbank Main‐Spessart eG die erste Genossenschaftsbank als Mitglied der EMA gewonnen. Die Bank will erst intern aktiv werden. Die Mitarbeitenden werden zu E-Fahrevents eingeladen, Solaranlagen sollen auf die Dächer der Bank und Solarcarports auf die Parkplätze kommen. Die Bank will Firmenwagen e-mobilisieren und Mitarbeiter zum Umstellen einladen. Der Vorstand der Bank ist gleichzeitig Vorstand der regionalen Energiegenossenschaft. Die Energiegenossenschaft entwickelt und betreibt neue Projekte. Die Bank finanziert sie und die EMA ermöglicht die E-Fahrzeuge.  Ganz nach unserer Devise: Energie nachhaltig in der Region erzeugen, verteilen und verbrauchen. Das sichert für alle Nachhaltigkeit und Wertschöpfung.

Vielen Dank  für das Gespräch

Ansprechpartner
EMA eMobilität für alle eG
Ulrich Zimmermann
Motorstrasse 4, 70499 Stuttgart
Mobil: 0160-4753396
E-Mail: ulrich.zimmermann@emobilitaet-fuer-alle.de
Web: www.emobilitaet-fuer-alle.de  

 

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