02. September 2017

Windräder: Mehr Akzeptanz durch Farbe

Für eine ästhetische Zumutung hält der Designer Reinhold Geyer die riesigen grau-weißen Windräder, wenn sie die Landschaften dominieren. Mit der Initiative „beautiful power“ und der farblichen Gestaltung von Windrädern will er einen positiven, emotionalen Zugang zum deutlichsten Wahrzeichen der Energiewende erreichen.

Foto: Reinhold Geyer

Warum müssen Windräder wie weiß-graue Fremdkörper in der Landschaft stehen und sogar noch Lange-weile verbreiten? Dies hat sich der Diplom-Designer Reinhold Geyer gefragt, der inzwischen die Enge des Rhein/Main-Gebietes verlassen hat und gerne im Fichtelgebirge lebt.

Seit vier Jahren arbeitet er mit Mitstreitern an der Idee „beautiful power“ und hat den Kontakt zu Friedrich Ernst von Garnier wieder aufleben lassen. „Mit Farbe erreicht man eine Art Verzahnung zwischen Objekt und seiner Umgebung“, sagt Geyer. Es könne nicht darum gehen, bunte Blumen oder Micky Mäuse auf Windräder zu malen. Es gehe um funktionsbezogenes Design, das die Statik und Herstellungsweise berücksichtigt und einen ausgewogenen Klang zwischen der Landschaft und dem technischen Bauwerk herstellt. Das könne, bei Gestaltungen nach von Garnier, schon mit ganz wenigen Farbtönen geschehen. Die Entwürfe, die von Garnier als „visuellen Landschaftsschutz“ bezeichnet habe, nehmen die Farbigkeit der umgebenden Natur auf und stehen im Dialog zur Landschaft, meint Geyer.

Reinhold Geyer ist von der Notwendigkeit erneuerbarer Energien überzeugt und mit seiner Frau selbst in einer Bürger-Energiegenossenschaft. Mit dem Projekt „beautiful power“ will er dazu beitragen, dass die Akzeptanz von Windenergie durch individuell gestaltete Windkraftanlagen und Windparks erhöht wird. Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, unterstützt „beautiful power“: „Der Gedanke mit Farben zu arbeiten, welche die Landschaft nachahmen ist bestechend. Eine Idee, die man auf alle Fälle beispielhaft realisieren sollte, um daraus zu lernen.“

Reinhold Geyer sieht die farbigen Windräder aber auch als Forschungsobjekt: Werden Windräder für Vögel präsenter? Hat die Gestaltung eine Auswirkung auf Zustimmung und Ablehnung? Gibt es medizinische Auswirkungen durch harmonischere Landschaftsbilder? Und vieles mehr.

Zustimmung und Ablehnung

Von der guten Idee bis zum realisierten farbig gestalteten Windrad ist jedoch ein weiter Weg, wie Reinhold Geyer erfahren musste. Denn er bearbeitet heute, was von Garnier schon vor Jahren selbst versucht hatte. Von Garnier scheiterte schon bald an den Bestimmungen der Luftämter und gab auf. Im August 2015 wiederholte sich die Ablehnung seitens des Luftamtes Nordbayern und der Deutschen Flugsicherung. Die Begründung der Ablehnung: Windräder sind Luftfahrthindernisse und müssen mit weiß-grauer Farbe und gelegentlichen roten Streifen angestrichen werden. Dies wird im Fichtelgebirge nicht widerspruchslos hingenommen.

„Vor Ort ist die Unterstützung groß“, sagt Geyer, der von Anfang an ahnte, wie sehr er umfangreiche Unterstützung benötigen werde. Der Bürgermeister von Wunsiedel und der Oberbürgermeister der nahen Kreisstadt Selb unterstützen das Projekt ebenso wie der Landrat, das gesamte Landratsamt, der Landtagsabgeordnete Martin Schöffel, der ehemalige Innenminister Dr. Hans-Peter Friedrich, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, einige Piloten und – besonders wichtig – der Bundesverband Windenergie als fachliche Instanz.

Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz stellte im August 2015 fest, dass für die nachträgliche farbliche Gestaltung von Windkraftanlagen kein neues immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchzuführen sei. Aus artenschutzrechtlicher Sicht sei eine farbige Gestaltung von Windrädern unter bestimmten Bedingungen zu begrüßen. Der Bundesverband Windenergie e.V. beschloss durch den Arbeitskreis Kennzeichnung im Herbst 2016 einstimmig, dass man für ein Pilotprojekt offen sei und bot an, es fachlich zu begleiten und zu unterstützen.

Ein Luftfahrthindernis, so sehen das befragte Piloten, seien Windräder für kleinmotorige Flieger oder Hubschrauber, wenn sie gelegentlich den tieferliegenden Luftraum nutzen müssen. Doch bei Nebel und schlechter Sicht sei gerade das vorgeschriebene Weiß-grau eher eine gefährliche Tarnfarbe und jede Farbe besser als Weiß-grau.

Mittlerweile sind Reinhold Geyer und seine Mitstreiter einen Schritt weiter. Das Bundesverkehrsministerium BMVI hat Ende 2016 die Möglichkeit eines Modellprojektes in Aussicht gestellt. Ein interessierter Windparkbetreiber müsse dazu die Abweichung von der vorgeschriebenen Kennzeichnung nach Pkt. 30 der AVV (Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen) beantragen.

Wird der Windpark Wildenberg Modellprojekt?

Der „Windpark Wildenberg“ - ein Einzelwindrad über der Stadt Wunsiedel – könnte das Modellprojekt für ein farbiges Windrad sein. Der Betreiber, die Zukunfts Energie Fichtelgebirge GmbH ZEF, unterstützt das Projekt „beautiful power“ ebenfalls und erteilte bereits 2015 den Auftrag für einen Entwurf. Derzeit laufen Abstimmungsgespräche mit den Beteiligten über konkrete nächste Schritte zur möglichen Umsetzung im Fichtelgebirge. „Doch eine klare, über informelle Absichtserklärungen hinausgehende und verbindliche Zusage fehlt noch. Es kann sein, dass dieser Prozess noch eine Weile beansprucht“, sagt Designer Reinhold Geyer. Im Moment sucht er, im Einklang mit den Akteuren im Fichtelgebirge, nach weiteren potentiellen Betreibern für das Modellprojekt „beautiful power“ und „visueller Landschaftsschutz nach Friedrich Ernst von Garnier“.

 „Am besten wäre es, einen ganzen Windpark zu gestalten“, sagt Geyer. Dort könne man weiterführende Fragen zur Kennzeichnung oder des Naturschutzes klären. Fragen, die man an einem Einzelwindrad nicht klären kann. „Am liebsten in Bürgerbeteiligung“, so Geyer. „Windräder haben durch ihre optische Präsenz eine hohe Symbolkraft und schön gestaltete Windräder könnten zum Erkennungsmerkmal für Bürgerenergie werden“.

Reinhold Geyer und seine Mitstreiter bleiben dran an der „beautiful power“. Aktuell versucht sich der Farbengestalter am Designschutz, um im Sinne der Bürgerenergie Einfluss auf die Verwendung der Entwürfe nehmen zu können.  

Fotos: Reinhold Geyer

Kontakt
Reinhold Geyer
95199 Thierstein
Schulweg 4
Tel.: 09235 9689955
E-Mail: farbdesign@gmx.de
www.beautifulpower.de

 

 

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