16. August 2022

BürgerSolargemeinschaften – Energiegenossenschaften als Treiberinnen des Photovoltaik-Ausbaus weiterentwickeln

Mehr als ein Jahr lang begleiten wir vom Netzwerk Energiewende Jetzt drei Bürgerenergiegenossenschaften intensiv bei ihrer Entwicklung. Ein Zwischenbericht.

Die Fokussierung auf lohnende Photovoltaik-Geschäftsfelder, klare Zuständigkeiten und Aufgaben innerhalb der Genossenschaft, das Gewinnen von Aktiven, der öffentliche Auftritt und die Perspektive auf eine weitere Profes-sionalisierung durch hauptamtliche Beschäftigte: Vielfältig sind die Themen der drei Bürgerenergiegenossen-schaften bei der Weiterentwicklung zu BürgerSolargemeinschaften.

Im Juli 2021 startete das Projekt „BürgerSolargemeinschaften – Energiegenossenschaften als Treiber des Photo-voltaik-Ausbaus weiterentwickeln“, gefördert durch das Umweltbundesamt und das BUMV - Umweltministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und der Bürgerwerke eG.

Im 18monatigen Förderprojekt unterstützen wir ausgewählte Bürgerenergiegenossenschaften (BEGen) dabei, sich gezielt zu BürgerSolargemeinschaften weiterzuentwickeln und als lokale Treiberinnen des Photovoltaikausbaus aufzutreten. Neben Workshops rund um das Geschäftsfeld Photovoltaik und dem Austausch von Wissen begleiten wir modellhaft drei BEGen bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Qualifizierte Coaches begleiten die Verantwortlichen und Aktiven in Videomeetings und Workshops vor Ort individuell. Im Coaching wird das Geschäftsfeld Photovoltaik durchleuchtet und zukunftssicher aufgestellt. Das Ziel: Die Bürgerenergiegemeinschaften erarbeiten eine individuelle Entwicklungsperspektive und setzen sie um, bauen zusätzliche Kompetenzen und Kapazitäten auf.

NordpfalzEnergie eG in Imsweiler: Genossenschaft zum Laufen bringen, Teamorganisation, PV-Dachflächen und Planung einer PV-Freifläche für mehr Wertschöpfung vor Ort

Die Bürgerenergiegenossenschaft widmet sich vorrangig der Realisierung einer Freiflächen-Photovoltaik-Anlage in Schiersfeld, sowie dem Ausbau von Photovoltaik-Dachanlagen für Gewerbebetriebe und dem Stromvertrieb. Die PV-Freiflächenanlage, an der sich die Genossenschaft beteiligen möchte umfasst mindestens. 9,5 ha mit einer Leistung von 9-12 Megawatt. Aktuell gibt es noch Gespräche mit weiteren Pächtern.  

Im Coaching steht auch die interne Entwicklung auf dem Plan: Teambuilding, das Vereinbaren klarer Rollen und Aufgaben, neue Aktive zu finden und Öffentlichkeitsarbeit. Perspektivisch strebt die NordPfalzEnergie eG das Thema Professionalisierung durch bezahlte Kräfte an. Parallel zu diesen Themen stellt sich immer wieder die Frage, wieviel der Wertschöpfungsstufen die NordPfalzEnergie eG selbst übernehmen kann.

Ziel ist es, dass die BEG am Ende des Coachings einen Vertriebsprozess für Photovoltaik-Dachanlagen entwickelt, hat mit Fokus auf gewerbliche Kunden mit hohem Eigenverbrauch, eine erste PV-Dachanlage realisiert und wei-tere in Planung hat und das Vorantreiben der PV-Freiflächenanlage in Schiersfeld. Da bisher Männer die Genossenschaft dominieren, ist zudem eines der Ziele auch Frauen und junge Aktive zu gewinnen.

Energiegenossenschaft Leipzig eG (EGL eG): PV-Dachanlagen, Solarstrom und eine Zweigniederlassung

Ziel der Energiegenossenschaft Leipzig eG ist es im Coachingprozess zu mehr Photovoltaik-Projekten zu kommen. Die Entlastung des Vorstandes und das Gewinnen weiterer Aktiven bzw. die Reaktivierung der bereits bestehen-den PV-Arbeitsgruppe steht zudem auf dem Plan der EGL.

Viele Energiegenossenschaften arbeiten in einer eher reaktiven Haltung bei der Projektakquise. Die Standardsi-tuation: Kund:innen kommen auf die Bürgerenergiegenossenschaft zu und erwarten eine PV-Analyse. Meist werden diese Wertschöpfungsstufen unbezahlt und im Ehrenamt von Aktiven erbracht. Aus diesem Grund ist ein Thema der EGL eG proaktiv eine Akquise- und Vertriebsstrategie für PV-Dachanlagen zu entwickeln, um als kompetenter Partner aufzutreten und sich mehr Wertschöpfungsstufen vergüten zu lassen. Das beinhaltet fol-gende Stufen: Akquise, Verträge und Wirtschaftlichkeitsberechnung, Betreiben und Projektieren, sowie Finanzie-rung und Controlling der Anlagen.

Während des bisherigen Coachings schärfte die EGL eG ihre Ziele bei der Akquise von PV-Dachanlagen und kon-zentrierte sich auf öffentliche Gebäude, sowie macht erste Schritte beim Geschäftsfeld Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Ziel ist es, den Fokus auf PV-Dachanlagen mit einem hohen Eigenverbrauch zu legen. Die priorisierten Geschäftsmodelle sind daher Direktlieferung, die Auseinandersetzung mit dem Flexi-Modell, das seit dem neuen EEG 2022 möglich ist und, wenn wirtschaftlich sinnvoll, die Volleinspeisung.

Im Juli 2022 gründete sich eine Niederlassung der EGL in Taucha, einer Kleinstadt nördlich von Leipzig: Die Bürge-renergie-Genossenschaft Taucha – BürGeTa. Dort sind interessierte Personen aus der Klima-Initiative Taucha auf der Suche nach Möglichkeiten, die Energiewende von unten Ort gemeinsam voranzubringen. Idealerweise brauchte es dafür nicht den Aufwand einer Neugründung einer Energiegenossenschaft. Als Niederlassung der EGL mit eigenem Namen und eigenen Projekten wollen die Verantwortlichen gemeinsam in Leipzig, Taucha und Umgebung mehr Wirkung durch die Energiewende in Bürger:innenhand erzielten. Die EGL erhofft sich durch die Niederlassung neue Synergien im Bereich Akquise von PV-Dachanlagen und der Öffentlichkeitsarbeit.

Energiegenossenschaft Erfurtshausen eG: Vom Bioenergiedorf zum Solarausbau auf Dächern

Die größte Lernkurve in der ersten Hälfte des Coachingszeitraumes hat die Energiegenossenschaft Erfurtshausen eG hinter sich: Der Wunsch an das Coaching war, dass aus einem Bioenergiedorf mit Nahwärmeversorgung und Glasfaser zusätzlich eine Bürgersolargemeinschaft wird. Ziel ist, nach und nach die kommunalen Dächer, sowie Dächer von Privatpersonen im Ort mit Photovoltaik zu belegen. Im Vorfeld des Coachings wurde von der BEG eine Marktanalyse im Dorf durchgeführt mit einer Rücklaufquote von 60 Prozent. 2/3 der Teilnehmenden haben Interesse an einer eigenen PV-Dachanlage und 1/3 wünscht sich eine Erweiterung der bereits bestehenden PV-Anlage. Insgesamt sind 96% der Dorfbewohner:innen für Photovoltaik!

Schwerpunkt des Coachings der Energiegenossenschaft Erfurtshausen eG war die Festlegung der Photovoltaik-Geschäftsmodelle. Schnell einigten sich die Aktiven auf die Zielkund:innen: Privatpersonen und Kommune, sowie die priorisierte Dachgröße bis 30 kWp und 30-175 kWp. Aktuelle Kund:innenwünsche der PV-Dachanalyse und Speicherlösungen sollen mitbetrachtet werden. Deshalb wurde gemeinsam der Akquise- und Vertriebsprozess für Photovoltaik-Dachanlagen. An einem Termin im Mai vermittelte Andreas Gißler, Vorstand der Heidelberger Energiegenossenschaft eG (HEG). Knowhow in der Projektierung und Wirtschaftlichkeitsberechnung. Das wird die Energiegenossenschaft in ihrer Wertschöpfungstiefe weiter voranbringen.

Aktuell hat die Genossenschaft die Dachnutzungsverträge des Bürgerhauses, des Feuerwehrgerätehauses und des Vereinsheims mit der Kommune abgeschlossen. Sie verhandelt mit dem ansässigen Solarteur, um gemeinsam das Geschäftsfeld PV-Dach in Kooperation zu bespielen. Geplant ist das erste Dach auf dem Bürgerhaus als gemeinsames Dorfevent, sodass Personen sich aktiv am Selbstbau der ersten PV-Dachanlagen beteiligen können. Um dieses Projekt umzusetzen, holt sich die Energiegenossenschaft Erfurtshausen eG Expertise von SoLocal Energy aus Kassel, die den Bau von Dach-Solaranlagen in Selbstbaugemeinschaft anbieten und unterstützen. Der Bau der Anlage ist für den Herbst 2022 geplant.

Die BEG steht im weiteren Coachingprozess vor den Fragen: Wie bewältigen wir zukünftige Anfragen für Photovoltaik-Dächer auf Privathaushalten. Sind wir genügend Aktive, um den Arbeitsaufwand zu bewältigen? Wen brauchen wir noch? Wie sehen Kooperationsmöglichkeiten mit Solarteuren aus?

Das Projekt BürgerSolargemeinschaften wird gefördert durch das Umweltbundesamt und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). Die Mittelbereitstellung erfolgt auf Beschluss des Deutschen Bundestages. Ein weiterer Förderer sind die Bürgerwerke eG.

 


 

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