09. Januar 2013

Power to gas

Flensburg ist meine Heimat, sagt Ulrich Jochimsen. Und in Flensburg will er nun mit einer Energiegenossenschaft „power to gas“ auf den Weg bringen, ein „Energiewende-Pionier-Großprojekt“. Ulrich Jochimsen im Gespräch.

Sie wollen power to gas in Flensburg. Was heißt das?
Bisher werden die Windkraftwerke in Nordfriesland abgeschaltet, wenn das Netz ihren Strom nicht aufnehmen kann oder will. Die Energie geht verloren. Wir wollen, dass nordfriesische Bürgerwindparks ihren Strom über ein eigenes Kabel nach Flensburg liefern. Der Strom, der in Flensburg nicht benötigt wird, wird in Gas umgewandelt und in das bestehende Ferngasnetz eingespeist. An Flensburg geht die leistungsfähige skandinavische Ferngasleitung vorbei. 

Wie wird aus Windenergie Gas?
Mit dem Strom aus den Windkraftwerken wird in einer Elektrolyse-Anlage Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Der Wasserstoff wiederum wird mit CO² aus der Flensburger Kläranlage in Methan umgewandelt. Doch nicht nur das. Wasserstoff lässt sich auch für Fahrzeuge mit Brennstoffzellen nutzen. Schließlich fällt bei der Elektrolyse Wärme an. Die lässt sich im großen Fernwärmespeicher Flensburgs speichern und verkaufen. Flensburg ist schon jetzt die Bundeshauptstadt der Fernwärmeversorgung – und das können wir ausbauen. 

Ist das technologische Zukunftsmusik?
Es gibt schon Beispiele. In Prenzlau in Brandenburg wird ein Hybridkraftwerk erprobt, das Windenergie in Wasserstoff umwandelt und in großen Tanks speichert. Der Wasserstoff dient dann als Speichermedium. Außerdem ist das Hybridkraftwerk in Prenzlau an eine Biogasanlage und ein Nahwärmenetz gekoppelt. 

Wieso Flensburg?
Einmal ist Nordfriesland meine Heimat. Zum anderen wird die Energiewende scheitern, wenn wir nicht in die Speicherung investieren. Wir haben heute schon eine Überproduktion an Windenergie in Schleswig-Holstein – und das Bundesland will bis 2020 dreimal so viel Wind erzeugen wie heute. „Power to gas“ ist die große Perspektive.

Und die kleine Perspektive?
Die kleine Perspektive ist Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), das eigene Kraftwerk im Haus. Strom und Wärme selbst zu erzeugen und das mit einem Wirkungsgrad von 90 Prozent. Micro-KWKs sind ein Projekt, das die Genossenschaft machen will und muss. Wir wollen ein Finanzierungsmodell entwickeln für alle, die in der Region auf KWK umstellen. 

Wann werden Sie „power to gas“ realisieren?
Wir arbeiten daran, dass wir in eineinhalb bis zwei Jahren eine 6-MW-Anlage haben. Wir wollen noch im Herbst ein Angebot bekommen  – und dann mit Hochdruck losgehen. 

Welche Rolle hat die Energiegenossenschaft bei „power to gas?“
2013 ist in Schleswig-Holstein Kommunalwahl, im Herbst die Bundestagswahl. Wir wollen der politischen Diskussion um Netzausbau und Speicherung einen Ruck geben. Das Pilotprojekt finanziell als Genossenschaft zu stemmen, ist glaube ich zu viel für uns. Doch wir können Überzeugungsarbeit leisten, Skepsis ausräumen, der Kommune die Idee nahebringen, die Realisierung begleiten. 

Was ist Ihre energiepolitische Vision?
Gelebte Demokratie im Gegensatz zur herrschenden Stromdiktatur! Nur wenn die Energieerzeugung dezentralisiert ist, wird sie demokratisch und zukunftsfähig. Und Dezentralisierung bedeutet, die Konsumenten zu selbstbewussten Produzenten zu machen. 

Kontakt
EnergieGenossenschaft-Flensburg ( EGFl ) eG i.G.
Treeneweg 12 24943 Flensburg
E-Mail: post@EnergieGenossenschaft-Flensburg.de
E-Mail Ulrich Jochimsen: u.jochimsen@energiegenossenschaft-flensburg.de  

 

Aus Windenergie wird Wasserstoff
Beitrag im Deutschlandradio zum Hybridkraftwerk im brandenburgischen Prenzlau. Dort wird eine Speichertechnik für Windenenergie erforscht und erprobt.

Über Ulrich Jochimsen
„Ulrich Jochimsen ist ein Visionär, der sich durch einen jahrzehntelangen, unermüdlichen Kampf für Innovationen in wichtigen gesellschaftlichen Bereichen auszeichnet“, heißt es in der Laudatio von EUROSOLAR zur Verleihung des Solarpreises 2006. Den hat Ulrich Jochimsen für sein langjähriges persönliches Engagement bei der Einführung und Nutzung Erneuerbarer Energien bekommen.

Jochimsen ist 1935 in Nordfriesland geboren und „von Kindesbeinen der drahtlosen Nachrichtenübermittlung verbunden“, schreibt er in seiner Vita. Er wird Elektro-Ingenieur mit Schwerpunkt  Kommunikationstechnologie. Seit 1978 setzt er sich aktiv und kämpferisch für eine dezentrale Energieversorgung ein. Aktuell ist er unter anderem geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Netzwerk Dezentrale EnergieNutzung e.V. in Potsdam

www.ulrich-jochimsen.de   

 

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