09. Dezember 2012

Stromlieferung aus Photovoltaikanlagen

Die Netzstrompreise steigen. Die Stromgestehungskosten von Photovoltaik und anderen dezentralen Technologien sinken. Das macht lokale Vermarktungskonzepte für Energiegenossenschaften interessant

Die Stromgestehungskosten von Photovoltaikanlagen liegen in vielen Bereichen bereits unterhalb des Netzstrompreises („grid parity“). Gebäudeeigentümer, die eine Anlage betreiben, können so erhebliche Stromkosten einsparen. Sie verbrauchen den günstigen Solarstrom selbst und speisen überschüssigen Strom nach EEG ins Netz ein.

Für Energiegenossenschaften wie für Gebäudeeigentümer ist dies hochinteressant. Viele Eigentümer können oder wollen nicht in eine eigene PV-Anlage investieren. Bisher haben sie dann Dachflächen an externe Betreiber wie Energiegenossenschaften verpachtet. Doch die Pachtpreise sind aufgrund der drastischen Degression der Anlagenpreise und Vergütungen stark eingebrochen.  

Das mit dem EEG 2012 eingeführte „Marktintegrationsmodell“ begrenzt die nach dem EEG vergütete Strommenge aus Photovoltaikanlagen zwischen 10 und 1000 kWp auf 90% der produzierten Energie. Energiegenossenschaften, die Photovoltaikanlagen auf gepachteten Dachflächen betreiben, müssen daher alternative Vertriebswege für den produzierten Strom erschließen. Die Lieferung dieses Stroms an die Verbraucher im Gebäude, auf dem die Anlage installiert wird, ist deshalb für Genossenschaft und Gebäudeeigentümer hochinteressant. 

Modell Direktverbrauch
Betreiber wie Energiegenossenschaften können die Nachteile des Marktintegrationsmodells umgehen, wenn sie Solarstrom an Verbraucher in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage veräußern. Der Betreiber schließt hierzu mit dem Verbraucher einen Vertrag über die Lieferung von Solarstrom zu einem Preis unterhalb des Netzstrompreises ab. Der Solarstrom kann je nach Modell zu einem festen Preis über 20 Jahre angeboten werden, was den Verbraucher unabhängiger von Preissteigerungen im Energiemarkt macht und ihm eine höhere Planungssicherheit bietet. Der überschüssige Solarstrom wird ins Netz eingespeist und nach EEG vergütet.

Allerdings stellen sich bei diesen Modellen des „Direktverbrauchs“ viele rechtliche Fragen. Beim dargestellten Modell handelt es sich um eine Stromlieferung. Daher muss nach §§ 37 (2) und 39 (3) EEG 2012 die um 2 Cent reduzierte EEG-Umlage an den Übertragungsnetzbetreiber abgeführt werden. Die Netzbetreiber haben hierzu unter www.eeg-kwk.net ein Anmeldeformular eingerichtet, auch wenn die konkrete Abrechnung für bestehende Anlagen vielfach noch aussteht.

Der Betreiber wird außerdem zu einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen nach Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Von der Anzeigepflicht bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) ist er befreit, solange er keinen Strom an Letztverbraucher mit einem Verbrauch kleiner gleich 10.000 kWh pro Jahr liefert. 

Solange der Strom in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage verbraucht wird, entfällt für Anlagen mit einer Nennleistung von bis zu zwei Megawatt die Stromsteuer nach § 9 (1) StromStG. Solange die Veräußerung außerhalb des öffentlichen Stromnetzes stattfindet, fallen außerdem keinerlei Netznutzungs-, Konzessions- oder sonstige damit verbundenen Abgaben an. Die Veräußerung des Stroms ist umsatzsteuerpflichtig. 

Höhere Risiken
Die Risikobewertung eines Projekts, das nach dem beschriebenen Modell des Direktverbrauchs betrieben wird, unterscheidet sich jedoch wesentlich von der Volleinspeisung nach EEG. So ist die Laufzeit eines Stromliefervertrags auf maximal zwei Jahre begrenzt. Außerdem ist gerade im Bereich gewerblicher Gebäude nicht sichergestellt, dass über die gesamte Laufzeit der Anlage von (über) 20 Jahren Strom im Gebäude verbraucht wird. Daher darf die Anlage auch im „Worst Case“ der Einspeisung von lediglich 90 % des Stroms nach EEG keinen Verlust machen. Dieses Kriterium kann derzeit immer noch bei vielen Projekten erfüllt werden. Projekte mit aufwändiger Installation und unterdurchschnittlichen Ertragsprognosen können jedoch oft nicht mehr umgesetzt werden. 

Alternative PV-Mieten?
Neben dem Modell der Stromlieferung erfährt das von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie Landesverband Franken e.V. (DGS Franken) entwickelte Konzept „PV Mieten“ großes Interesse. Dabei vermietet der Investor die PV-Anlage an den Gebäudeeigentümer und Stromverbraucher, der damit einen Teil des wirtschaftlichen Risikos übernimmt und somit zum Betreiber nach EEG wird. Er kann dann Eigenverbrauch im ursprünglichen Sinne betreiben, womit weder EEG-Umlage noch Umsatzsteuer fällig werden. Die Vertragslaufzeit eines solchen Vertrages kann auch 20 Jahre betragen. Die DGS Franken hat dazu Musterverträge erarbeitet.

Während das Modell der Stromlieferung rechtlich weitgehend geklärt ist, ist insbesondere die Anerkennung der Befreiung von der EEG-Umlage im Modell „PV Mieten“ bisher ungeklärt. Hier müssen Betreiber und Verbraucher Wege finden, mit der derzeitigen Rechtsunsicherheit umzugehen. So muss geregelt werden, wie das Modell für den Fall eines entsprechenden Urteils oder einer Gesetzesänderung in ein Stromlieferungs- oder Volleinspeisungs-Modell übergeht. Außerdem ist zu prüfen, in wie fern die Bildung einer Rücklage für eventuell rückwirkende Forderungen der EEG-Umlage sinnvoll ist.

Felix Schäfer, Vorstand der HEGF Heidelberger Energiegenossenschaft eG

E-Mail: f.schaefer@heidelberger-energiegenossenschaft.de

 

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